Vermutlich hat sich jeder von uns schon einmal daran versucht, und sei es unregelmäßig oder auch nur für ein paar Tage gewesen. Tagebuchschreiben ist das in Worte fassen von Gefühlen, Gedanken und emotionalen Erfahrungen.
In Form von expressivem Schreiben gilt es seit den 80ern sogar als eine anerkannte Form der Psychotherapie, untersucht durch James Pennebaker, Psychologe von der University of Texas. Außerdem haben auch großen Namen der Geschichte sich oft des Tagebuchschreibens bedient, wie z.B. Anne Frank oder auch Kafka.
Dennoch wird das Führen eines Tagebuchs immer wieder belächelt. Dabei sind die Vorteile von Tagebuchschreiben vielfältig. Besonders Kindern kann das Schreiben eines Tagebuchs sehr in ihrer Entwicklung helfen.
“Jeder sollte Tagebuch führen”
– Oscar Wilde
Was sind die Vorteile von Tagebuchschreiben
1. Tagebuchschreiben schafft Struktur und Klarheit im Kopf
Durch das Aufschreiben werden die eigenen Gedanken und Gefühle strukturiert. Es ist, als würde man in seinem Kopf aufräumen. Wir sortieren die einzelnen Fragmente, die in unserem Kopf herumschwirren, und fügen diese zu einer schlüssigen Geschichte zusammen. Dieser Prozess kann das Gehirn entlasten, da es die so entstandenen kohärenten Gedanken-Pakete besser abspeichern kann. Der Kopf muss sich dadurch weniger mit ihnen beschäftigen und wird entlastet.
Wir können also Dinge besser loslassen, indem das, was wir in uns tragen, nach außen abgegeben wird. Dadurch stehen dem Gehirn gleichzeitig auch mehr kognitive Ressourcen zur Verfügung, die für andere Dinge verwendet werden können. So wurde in einer Studie beispielsweise herausgefunden, dass Kinder bessere Noten schrieben, nachdem sie über emotionale Erlebnisse in der Schule Tagebuch führten.
2. Tagebuchschreiben führt zu Perspektivwechsel
Der Führer eines Tagebuchs kann zu dem Geschriebenen zurückkehren. Es entsteht ein Abstand zwischen der Person und den geschriebenen Gedanken, der dem Schreibenden erlaubt, seine Situation von außen noch einmal neu zu betrachten, losgelöst von der eigenen Person.
Probleme könne dadurch mit der Haltung eines Außenstehenden und somit objektiver und weniger emotional bewertet und gelöst werden. Außerdem kann das Zurückkehren zu den eigenen Texten auch zu mehr Gelassenheit führen, da man auch frühere, bereits bewältigte Probleme aus einer neuen Perspektive betrachten kann. Aktuelle Probleme wirken dadurch leichter zu bewältigen und weniger beängstigend.
3. Tagebuchschreiben stärkt Beziehungen
Nicht nur die Beziehung zu einem selbst, sondern auch zwischenmenschliche Beziehungen können durch das Schreiben eines Tagebuchs gestärkt werden. So geht aus einer Studie von James Pennebaker hervor, dass das Schreiben über intime Beziehungen in Verbindung gebracht werden kann mit ihrer Dauer. Die Beziehungen, über die Tagebuch geführt wird, halten in der Regel länger.
Dies gilt aber nicht nur für romantische Beziehungen. Auch Freundschaften oder die Beziehung zwischen Eltern und Kind können durch ein Tagebuch gestärkt werden. Denn wenn der Schreibende sich in seinen Texten mit seinen eigenen Gefühlen auseinandersetzt, lernt er, diese zu äußern. Das wiederum kann die Person auf seine Mitmenschen anwenden, was sie für ihr Umfeld öffnet und zu mehr Kommunikation und Verständnis untereinander führt.
4. Tagebuchschreiben macht achtsam und glücklich
Tagebuchschreiben ist eine wunderbare Achtsamkeitsübung, da man dabei ganz im Moment ist und sich komplett auf sich selbst, seine Gefühle und seine Gedanken fokussiert. Das führt zu Entschleunigung, welche wiederum die Kreativität fördern kann.
Dazu kommt, dass (je nachdem worüber man schreibt) das Schreiben einem dabei helfen kann, auch die kleinen Dinge in seinem Leben zu erkennen und schätzen zu lernen, während man seinen Tag reflektiert. Selbst wenn ich schlecht drauf bin, kann ich durch die Reflexion und den Perspektivwechsel beim Schreiben merken, dass mein Leben insgesamt trotzdem gut ist und gestärkt aus dem diesem Moment hervorgehen.
Außerdem macht das Aufschreiben der schönen Erfahrungen eines Tages generell glücklich und steigert das Wohlbefinden, laut einer Studie des Psychologen René Proyer von der Universität Halle-Wittenberg. Denn es schärft den Blick für das Positive im eigenen Leben und die neuronalen Netze im Gehirn verbinden sich neu. Dadurch erkennen wir auch in Zukunft diese positiven Erlebnisse besser, egal wie klein sie sind. So haben wir einen insgesamt positiveren Blick auf unser Leben.
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“Lasse dein Herz dich führen. Es flüstert, also höre ganz genau zu.”
– Walt Disney
5. Tagebuchschreiben verbessert die Gesundheit
Wie bereits zu Beginn erwähnt, wird expressives Schreiben auch als Therapie eingesetzt, um die psychische Gesundheit zu verbessern. So können Patienten, die bspw. an Depressionen, Angststörungen oder an einer posttraumatischen Belastungsstörung leiden, von dem Führen eines Tagebuchs profitieren.
Zusätzlich führt Tagebuchschreiben dazu, dass Puls und Blutdruck sinken, sowie auch die Konzentration des Stresshormons Cortisol. Selbst auf das Immunsystem scheint therapeutisches Schreiben einen Einfluss zu haben. Es wird bspw. in Verbindung gebracht mit der Wundheilung und der Linderung von chronischen Krankheiten wie Asthma. Tagebuchschreiben kann sich also sowohl auf die psychische als auch auch die physische Gesundheit positiv auswirken.
Wem hilft Tagebuchschreiben?
Welche der genannten Vorteile vom Tagebuchschreiben schlussendlich für einen selbst eintreten, hängt stark davon ab, wie man sein Tagebuch führt. Die wichtigste Voraussetzung ist die Freiheit beim Schreiben. Nur wenn der oder die Schreibende frei und mutig ist, kann er oder sie auch die für sich wichtigen Themen beim Schreiben behandeln.
Daher ist es wichtig, sich selbst nicht zu zensieren oder zu kontrollieren, um das volle Potenzial des Tagebuchs auszuschöpfen. Anders als in Gesprächen sind hier nämlich nicht automatisch potenzielle Kritiker involviert, weshalb Tagebuchschreiben vor allem Menschen helfen kann, denen es schwerfällt, sich anderen zu öffnen.
Des Weiteren erhöht eine wiederkehrende Struktur beim Schreiben sowie das Benutzen wechselnder Pronomen seine positiven Effekte, aber der Erfolg eines Tagebuchs ist auch abhängig davon, ob der Schreibende pessimistisch oder optimistisch veranlagt ist.
Insgesamt lässt sich sagen, dass Tagebuchschreiben nicht zwingend jedem Menschen hilft, jedoch jedem Menschen helfen kann. Daher ist es ratsam, das Schreiben zumindest einmal für sich auszuprobieren – und wenn man sich schon Selber nicht zum Schreiben durchringen kann, es wenigstens seinem Kind näher zu bringen. Am schönsten ist es natürlich das Schreiben gemeinsam auszuprobieren.
Bedeutung von Tagebuchschreiben für Kinder
Gerade für Kinder hat das Tagebuchschreiben eine ganz besondere Bedeutung. Zum einen gelten die gerade genannten Vorteile des Schreibens natürlich auch für Kinder, die ein Tagebuch führen. Allerdings steckt für die Kleinen noch mehr dahinter als für uns Erwachsene.
Großer Bedarf an Ordnung
Während wir Erwachsenen meist schon in unsere festen Routinen gefunden haben und nur selten von ihnen abweichen, ändert sich im Leben eines Kindes konstant unheimlich vieles. Ob es neue Freunde sind, der Wechsel vom Kindergarten in die Grundschule, neue Hobbys oder auch der wachsende Körper. Bei den Kleinen besteht dadurch ein besonders großer Bedarf an Mitteilung und Verlangen nach Ordnung im Kopf. Dazu kann das Schreiben Kindern helfen, sich selbst besser kennenzulernen und zu verstehen.
Ventil für Belastendes und Verwirrendes
Ein anderer wichtiger Aspekt, weshalb Tagebuchschreiben Kindern hilft, ist, dass sich Kinder meist niemand anderem anvertrauen können als ihren Eltern. Wollen sie dies aber nicht oder fühlen sie sich von den Erwachsenen missverstanden, so können Kinder das Tagebuch als Ventil nutzen, um Belastendes und Verwirrendes loszuwerden. An dieses “keiner versteht mich”, erinnern wir uns schließlich alle noch.
Natürlich ersetzt das Tagebuch aber niemals das Gespräch mit den Eltern. Viel mehr kann das Schreiben Kindern helfen, sich ihren Eltern mehr zu öffnen, weil es durch das Tagebuchschreiben lernt, wie es funktioniert, sich mitzuteilen und seine Emotionen in Worte zu fassen. Das Tagebuch wird so zum besten Freund, der immer für einen da ist, zu jeder Tages- und Nachtzeit.
Tagebuchschreiben als Tool für die Zukunft
Zu guter Letzt kann es auch für das spätere Leben eines Kindes hilfreich sein, wenn es früh gelernt hat Tagebuch zu führen. Wenn ein Kind sich daran gewöhnt, Tagebuchzuschreiben, so kann es das auch als Jugendlicher und selbst als Erwachsener noch für sich nutzen.
Das Schreiben wird ein Werkzeug in seinem eigenen Überlebens-Werkzeugkasten, dass auch dann noch zum Einsatz kommen kann, wenn aus früheren Problemen wie “Meine Eltern zwingen mich, Gemüse zu essen” oder “Lukas will nicht mit mir spielen” größere, weniger leicht zu bewältigende Probleme werden. Mit denen wird leider jeder einmal in seinem Leben konfrontiert – besser also, wenn man mit ihnen umzugehen weiß und gut gewappnet ist.
Eine Woche voll Glück – das Glückstagebuch für Kinder
Aufgrund all dieser positiven Effekte des Tagebuchschreibens, besonders für Kinder, haben wir Eine Woche voller Glück entwickelt. Je nach Alter des Kindes kann es das Tagebuch alleine führen oder mit einem Erwachsenen zusammen, der das Schreiben und Vorlesen übernehmen kann. Der bedeutsame Teil des Denkens, des Gedankensortierens und der Achtsamkeit bleibt jedoch dem Kind vorbehalten. So kann es, egal wie klein, alle positiven Effekte des Tagebuchs erfahren.
Mit vielen, schönen Fragen wird das Kind durch das Buch geführt. Sie sind offen gestellt, sodass dem Kind genug Raum bleibt, um sich zu entfalten und das Glückstagebuch zu seinem Eigen zu machen. Durch die positive Ausrichtung des Buches wird noch dazu das positive Denken des Kindes geschult und die wiederkehrende Struktur des Buches erhöht die Effektivität des Tagebuchs für das Kind.
Zusätzlich ist das Tagebuch gefüllt mit liebevollen, ermutigenden Geschichten und bietet dem Kind viel Raum, auch durch Zeichnungen seine Kreativität auszuleben und seine Gedanken schweifen zu lassen.
„Malen ist nur eine weitere Möglichkeit, ein Tagebuch zu führen.“
– Pablo Picasso
Du hast besondere Erfahrungen mit dem Tagebuchschreiben gemacht oder Fragen zu Eine Woche voller Glück? Dann berichte uns gerne davon und schreib uns auf unserer Facebook Seite oder unserem Instagram-Profil. Wir freuen uns sehr!
Quellen:
PDF: Pennebaker Slatcher 2006 Expressive Writing An Alternative to Traditional Methods
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